Lange Nacht der offenen Gotteshäuser
von Dr. Eva Jain, Pastorin in der Evangelischen Studierenden- und Hochschulgemeinde Göttingen und Helge Meyn-Hellberg, Beauftragter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Hildesheim-Göttingen (29.01.2018)
Wer am Donnerstagabend in den Himmel über Göttingen schaute, wurde Zeuge einer besonderen Begegnung: Vier leuchtendweiße Strahlen verbanden die Innenstadt mit dem Himmel. Sie kreuzten sich hoch über der Stadt und waren kein Naturereignis, sondern eine der Attraktionen der ersten Göttinger Langen Nacht der offenen Gotteshäuser. Vorbereitet vom Runden Tisch der Abrahamreligionen, der Evangelischen Studierenden- und Hochschulgemeinde (ESG), der Katholischen Hochschulgemeinde (khg), der katholischen Kirche St. Michael und der evangelisch-lutherischen St. Johannisgemeinde luden die muslimische DITIB-Gemeinde e.V., die liberale jüdische Gemeinde, die Citykirchengemeinde St. Michael und die Rats- und Marktkirchengemeinde St. Johannis im Rahmen der Ausstellung "#Religramme ? Gesichter der Religionen" (siehe unten) in ihre Gotteshäuser ein. Ca. 150 Menschen folgten der Einladung und ließen sich auf das Abenteuer der Langen Nacht ein. Es begann mit dem Transfer von der Göttinger Stadthalle zur etwas außerhalb der Innenstadt gelegenen Moschee. Da ein Bus nicht für alle Menschen ausreichte, fuhr der eigens für diese Veranstaltung gebuchte Bus der Göttinger Verkehrsbetriebe kurzentschlossen zweimal. In der Moschee sang der Imam dann eine Sure vor. Der Vorsitzende der Gemeinde, Mustafa Keskin, erklärte das Gotteshaus. Im Anschluss fanden 150 vor dem mit dickem Teppich ausgelegten Gebetsraum abgestellte Paar Schuhe wieder problemlos zu ihren Besitzer*innen. Es gab warmen Tee und einen neuen, größeren Bus, der die Gäste zur Synagoge der liberalen jüdischen Gemeinde brachte. Da die 1825 in Bodenfelde erbaute und 2006 nach Göttingen umgesetzte Synagoge nicht groß genug für alle war, wartete eine Hälfte geduldig im Gemeindehaus, während sich die andere in der stimmungsvoll erleuchteten Synagoge verzaubern ließ. Die Vorsitzende der Gemeinde, Jacqueline Jürgenliemk zog alle mit der spannenden Geschichte der Synagoge in ihren Bann. Die Musik von ihr (Gesang), Dr. Klaus Sürmann (Klarinette) und Jakob Jürgenliemk (Gitarre), in die schließlich alle mit einstimmten, tat ihren Teil dazu. Beschwingt und offen dafür, miteinander ins Gespräch zu kommen, machte man sich zu Fuß auf den Weg nach St. Michael. Dort sang Pfarrer Ludger Joos SJ bei Kerzenschein mit den Besuchenden Taizé-Lieder. Anschließend führte Pater Hans-Martin Rieder SJ eindrucksvoll und für alle sinnlich erfahrbar in dieses von moderner Lichtarchitektur geprägte katholische Gotteshaus ein. In St. Johannis nahm Pastor Gerhard Schridde die Gruppe in Empfang und stellte, begleitet von Bernd Eberhard an der Orgel, die Besonderheiten dieser protestantischen Markt- und Bürgerkirche heraus. Anschließend lud der Runde Tisch der Abrahamreligionen (Hans Haase, Eva Jain, Jacqueline Jürgenliemk, Mustafa Keskin und Klaus Sürmann) dazu ein das zu tun, was die abrahamitischen Religionen miteinander verbindet: Brot zu teilen und gemeinsam zu essen. Als Abschluss fand eine "Generationenübergabe" statt. Studierende von der ESG und der Muslimischen Hochschulgruppe (MHG) übernahmen zusammen mit Jacqueline und Jakob Jürgenliemk das Fürbittgebet für den Frieden und gegen 22.45 Uhr den Abendgruß, bei dem alle noch einmal gemeinsam singend um Frieden baten.